Märchenbuch von Dresdner Kult-Friseur
Weil es mit dem Filmdreh einfach nicht klappen will, hat Falk Döhler nun den Lockdown genutzt, um seine verrückten Ideen zu Papier zu bringen.
Am Anfang stand Aschenbrödel
Für seine Märchenwelten hat Falk Döhler (r.) sogar Rotkäppchen und einen (fast echten) Wolf aufgetrieben.
Ein Artikel von Henry Berndt
Am Anfang stand Aschenbrödel. Schon vor zwei Jahren hatte Falk Döhler die Idee, den Märchenklassiker als Vorlage für einen eigenen Film zu nehmen, der allerdings nur noch entfernt an das Original erinnern sollte. Da der 54-Jährige keine Genehmigung bekam, mit der Kutsche bis zum Schloss Moritzburg zu fahren, schrieb er das Drehbuch kurzerhand um. Auch Väterchen Frost, seine eigene Paraderolle mit langem weißem Bart und blauem Mantel, sollte mitspielen und Aschenbrödel die Schönheiten der Umgebung zeigen.
„Geplant war eine Art Werbefilm für Dresden“, sagt Döhler, das verrückte Huhn unter den Dresdner Friseuren. Das Ergebnis wollte er kostenlos an seine Kunden verteilen. In seinem Salon „Haar-Mode-Team“ in Kaditz ticken die Uhren und die Menschen ein bisschen anders. Hier kann man schon mal auf Vögel und Reptilien treffen. Daheim päppelt Döhler regelmäßig Wildtiere auf, von denen auch immer mal ein Exemplar den Kunden bei der Dauerwelle über die Schulter schaut.
Zu Weihnachten und zu Ostern spielt er mit Vorliebe Weihnachtsmann und Osterhase und braust dafür mit seinem geschmückten Strandbuggy durch die Straßen. Sein Salon gilt zudem als das wohl einzige „Friseurtheater“ des Landes, in dem der Chef regelmäßig Geschichten vorspielt oder vorliest. Vor acht Jahren schrieb Döhler ein Märchen, das von einem Zwerg namens Willi erzählt, der mit einer Zauberkugel durch die Welt reist und dabei auf einheimische Tiere trifft.
Sein geplanter Filmdreh erwies sich nun allerdings als schwieriges Unterfangen. Eigentlich sollte der Film schon Ende 2019 Premiere feiern, doch erst erkrankten die Darsteller, dann fehlte im vergangenen Jahr der Schnee, und nun ließ die Coronakrise keine Dreharbeiten zu.
Also entschied sich der wie üblich kreativ flexible Friseur, seine Ideen kurzerhand in ein neues Märchenbuch umzuwandeln. Neben bekannten Figuren wie Rotkäppchen, Aschenputtel, Frau Holle und dem gestiefelten Kater wird auch wieder Großväterchen Frost eine wichtige Rolle spielen, der, wenn nötig, Schnee zaubert oder ihn wieder verschwinden lässt. „Es werden kurze Gute-Nacht-Geschichten für Kinder ab fünf Jahren“, sagt Döhler.
Statt Rotkäppchen nachzustellen, helfe der Wolf in seiner Version dem Mädchen, die Großmutter zu finden. Statt Kuchen und Wein habe sie Äpfel und Salbeitee in ihrem Korb. „Na, da ging es der Oma doch sofort wieder besser“, heißt es im Text zu einem der Bilder, die für das Buch ausgewählt wurden.
„Bei mir wird niemand gefressen. Ich interpretiere Grimms Märchen auf meine eigene Weise“, sagt Döhler. Fertig werden soll das Werk schon in den kommenden Monaten und dann im Salon verteilt werden. Diesmal soll ihn nichts und niemand aufhalten.
Falk Döhler tut allerdings gut daran, sich zu sputen, denn ab 1. März dürfen er und seine Mitarbeiterinnen wieder Haare schneiden und werden damit bis auf Weiteres ihren Kunden zuliebe fast rund um die Uhr beschäftigt sein.